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"Du hast Sorgen, sei es diese oder jene - ins Kaffeehaus! Du hasst und verachtest die Menschen und kannst sie dennoch nicht missen - Kaffeehaus! Man kreditiert dir nichts mehr - Kaffeehaus!" Peter Altenberg
Ferdinand Rainer eröffnete das Café Museum in unmittelbarer Nachbarschaft zur K & K Hofoper, zum Künstlerhaus und der damals „wilden“ Secession. Die Einrichtung des neuen Kaffeehauses ließ der aufgeschlossene Bauherr von Adolf Loos gestalten, der treu seiner künstlerischen Haltung großen Wert auf Einfachheit legte. Es war der erste wichtige Auftrag für Loos, der auch gern in Begleitung seiner ersten Frau, der Schauspielerin und Feuilletonistin Lina Loos vorbeikam. Die schlichte Einrichtung mit Bugholzsesseln stand in völligem Widerspruch zur damals üblichen Plüschmöblierung und löste eine wahre Revolution der Gestaltung von Kaffeehäusern aus. Die einen sahen im Café Museum einen „Skandal“, doch die Künstler kamen in Scharen und erhoben es zum „place to be“, zum Szenelokal. Im Volksmund auch liebevoll-spöttisch „Secessionisten-Tschecherl“ oder „Café Nihilismus“ genannt, wurde das Café Museum Kult und ist es bis heute geblieben. Woher das „Museum“ seinen Namen hat? Ludwig Frisch, der erste Cafétier des „Café Museum“, betrieb zuvor ein „Café zum Museum“ hinter dem Kunsthistorischen Museum und übertrug den alten Namen etwas vereinfacht auf das neue Lokal.
Die Familie Pretscher übernahm das Café Museum und sollte es mit dem Herzblut und Engagement einer wahren Cafétiers-Dynastie in den folgenden Jahrzehnten erfolgreich durch zwei Weltkriege und wirtschaftlich schwierige Zeiten führen. 1911 wurde der junge Südtiroler Architekt Josef Zotti, ein Schüler des legendären Josef Hoffmann, mit der Gestaltung des Schanigartens beauftragt. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts waren im Museum unzählige Künstler Stammgäste. Die Maler Gustav Klimt, Egon Schiele und Oskar Kokoschka, die Schriftsteller Joseph Roth, Karl Kraus, Georg Trakl, Elias Canetti, Hermann Broch, Franz Werfel, Robert Musil und Leo Perutz, die Komponisten Alban Berg, Franz Lehar und Oscar Straus sowie der Architekt Otto Wagner.
Weil die Loos-Einrichtung Abnützungserscheinungen aufwies, wurde der Architekt Josef Zotti nun auch mit der Neugestaltung der Inneneinrichtung beauftragt. Dieses von den Gästen geliebte Interieur mit gemütlichen, roten Kunstledersitzlogen, in dem sich auch die Künstler Albert Paris Gütersloh, Ernst Jandl und Friederike Mayröcker wohl fühlten, hatte über 70 Jahre Bestand. Das Museum wurde ab den 1950er Jahren zum öffentlichen Wohnzimmer und Treffpunkt von Künstlern, Studenten und mittlerweile auch immer mehr Geschäftsleuten.
Im Jahr 2003 kam für die vielen Stammgäste jedoch ein gravierender Einschnitt. Die Zotti-Einrichtung wurde von einer neuen Betreibergesellschaft aus dem Kaffeehaus entfernt und durch Repliken der ursprünglichen Loos-Einrichtung ersetzt, was vor allem die Wiener Gäste nicht wirklich erfreute. Die Stammgäste blieben aus, dramatischer Höhepunkt war die Schließung im Jahr 2009. Einige Originalmöbel der Zotti-Einrichtung sind übrigens heute noch im Hofmobiliendepot ausgestellt.
Familie Pretscher-Rokitansky verpachtete das Café Museum an die Familie Querfeld und tat so den ersten Schritt für ein Comeback, das von den neuen Betreibern eine klare Haltung und unerschütterlichen Glauben an diesen einzigartigen Ort forderte. Und was fast undenkbar schien, wurde wahr. Als leidenschaftliche Cafétiers, die um den hohen Stellenwert von Gemütlichkeit in jedem Kaffeehaus wissen, ließ die Familie Querfeld die Inneneinrichtung des Café Museum von Architekt Hans-Peter Schwarz nach den Plänen des genialen Architekten Josef Zotti inklusive der schönen silbernen Kugelleuchten in neuem Glanz auferstehen.
Irmgard und Berndt Querfeld gelang es sogar, einzelne Teile der Originaleinrichtung zurückzukaufen, die stilsicher ergänzt wurden. Mit der Neueröffnung im Oktober 2010 ging ein sehnlicher Wunsch vieler heimatlos gewordener Stammgäste in Erfüllung. Seit 2011 finden im Café Museum auch regelmäßig Kaffeehauslesungen mit Publikumsgesprächen statt, ganz in der Tradition eines Künstlertreffpunktes. Irmgard Querfeld und ihr Team achten mit Engagement und viel Gespür auf das ihnen anvertraute Café Museum, das so besonders schön deutlich macht, warum die Wiener Kaffeehauskultur zum „Immateriellen UNESCO-Kulturerbe“ erhoben wurde.
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